Kriegsenkel Wedemark - Kriegstraumata
Der Begriff Kriegsenkel - Traumabezug
Der Begriff „Kriegsenkel“ bezieht sich auf die Angehörigen der geburtenstarken
Jahrgänge in Deutschland, die sogenannten Babyboomer, die von 1960 bis 1975
geboren wurden. Es handelt sich vielfach um die Kinder der sogenannten
„Kriegskinder“, die ihrerseits zwischen 1928 und 1946 zur Welt kamen und während
der Nazizeit, dem Zweiten Weltkrieg und der unmittelbaren Nachkriegszeit selbst
noch Kinder bzw. Heranwachsende gewesen waren. Die Eltern der Kriegsenkel
waren keine Soldaten oder Wehrmachtshelfer und damit nicht aktiv an
Kampfhandlungen beteiligt.
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Traumatisierungen im Zusammenhang mit
Krieg und Gewalt auf die Nachfolgegenerationen ausstrahlen und schwer belasten
können. So tragen Menschen mitunter an Folgen von Ereignissen, die Jahre und
Jahrzehnte vor ihrer Geburt stattfanden.
Der Begriff „Kriegsenkel“ wurde vermutlich zum ersten Mal in der autobiografischen
Erzählung „Ich, Rabentochter“ der Autorin Katharina Ohana verwendet, die 2006
erschien. Größere Verbreitung fand die Bezeichnung durch die Bestseller „Wir Kinder
der Kriegskinder“ (2008) von Anne-Ev Ustorf und „Kriegsenkel“ (2009) von Sabine
Bode.
Die Relevanz des Begriffs „Kriegsenkel“ erklärt sich aus der Tatsache, dass er auf
Zusammenhänge zwischen den Generationen hinweist. Weil er den Horizont über
die eigene Lebensspanne hinaus in die Vergangenheit erweitert, kann er zum
Schlüssel werden, um Unstimmigkeiten im Kontext der eigenen Biographie zu
deuten, die bislang nicht aus den Lebenszusammenhängen zu erklären waren.
Mithin erlaubt er also, Erfahrungen des Scheiterns, existenzielle Brüche oder
pathologische Erscheinungen vor dem Hintergrund der eigenen Familiengeschichte
als transgenerationale Folgen traumatischer Erfahrungen der Eltern zu deuten und
dadurch in einen anderen Verständnisrahmen einzuordnen.
„Kriegsenkel“ entwickelt sich mehr und mehr zur Signatur für eine ganze Generation:
Die in den 60er und 70er Jahren Geborenen, die sich lange im Schatten ihrer
Vorgänger, der sogenannten 68er, bewegten und denen man nicht selten Kontur-
und Profillosigkeit attestierte, scheinen als Kriegsenkel ihr Thema, ihre
Generationenaufgabe und damit ihr historisches Profil gefunden zu haben.
von Dr. Joachim Süss
Therapiemöglichkeiten
"Wie verläuft eine Traumatherapie?
Eine Traumatisierung hat eine massive Stressreaktion zur Folge, die mit einer
tiefen psychischen, körperlichen und sozialen Verunsicherung einhergeht. Auch
wenn das Erlebte nicht mehr rückgängig zu machen ist – eine gezielte
Traumatherapie mit speziellen psychotherapeutischen Methoden hilft, sich
wieder zu stabilisieren und den Alltag zu bewältigen. Die traumatischen
Ereignisse können so verarbeitet und in das eigene Leben integriert werden,
dass sie die Lebensqualität nicht mehr beeinträchtigen und wieder
befriedigende Zukunftsperspektiven entwickelt werden können.
Die Traumatherapie teilt sich in 3 Phasen:
Stabilisierungsphase:
Sie ist die Basis der Traumatherapie und die wichtigste Phase. Sie braucht
häufig die längste Zeit der gesamten Traumatherapie. In dieser Phase lernen
die betroffenen Menschen mit Hilfe unterschiedlicher Techniken mit
überflutenden Traumabildern, mit Ängsten, Alpträumen, Selbstverletzungen
und suizidalen Impulsen umzugehen. Speziell hierfür entwickelte Techniken
sowie das Erlernen von Entspannungsübungen sind hilfreich. In Einzelfällen ist
eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll.
Traumaaufarbeitungsphase:
Es erfolgt eine gezielte Traumakonfrontation zur Verarbeitung der belastenden
Ereignisse und ihrer Folgen.
Integrationsphase:
In dieser Phase geht es um die Akzeptanz der nicht mehr rückgängig zu
machenden Erlebnisse, Aufbau neuer Lebensperspektiven und der
Rückfallvorbeugung."